„Wer war Fritz Kittel – ein Reichsbahnarbeiter entscheidet sich – zwei Familien 1933 bis 2022“

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"Wer war Fritz Kittel?"

Ein Reichsbahnarbeiter entscheidet sich

Artikel: „Wer war Fritz Kittel – ein Reichsbahnarbeiter entscheidet sich – zwei Familien 1933 bis 2022“

Gemeinsames Projekt mit Schriftstellerin Esther Dischereit • Lebensgeschichten von Verfolgten und Mutigen • DB-Chef Dr. Richard Lutz: „Die Ausstellung ist ein Angebot, gemeinsam aus der Vergangenheit für das Heute zu lernen.“

„Wer war Fritz Kittel?“ Diese Frage stellt die Schriftstellerin Esther Dischereit. Der Eisenbahner hatte ihre Mutter Hella und Schwester Hannelore Zacharias in der NS-Zeit versteckt. Durch Menschen wie ihn überlebten beide Jüdinnen den Holocaust. Er selbst hatte nach 1945 seiner Familie nie von seiner Tat berichtet.

Die neue multimediale Ausstellung der Deutschen Bahn (DB) „Wer war Fritz Kittel – ein Reichsbahnarbeiter entscheidet sich – zwei Familien 1933 bis 2022“ lädt dazu ein, sich mit auf die Suche nach dem Geschehenen zu begeben. Sie beleuchtet kritisch die Rolle der Deutschen Reichsbahn, der Arbeitgeberin von Fritz Kittel in der NS-Zeit, und fragt nach dem Schicksal jüdischer Eisenbahner. Die vorgestellten Dokumente, Objekte, Filme und Biografien korrespondieren mit den ausliegenden literarischen Miniaturen von Esther Dischereit.

Wer war...?

Fritz Kittel

...war Güterbodenarbeiter der Reichsbahn in Sorau dem heutigen Żary, später in Heringen (Werra). Im September 1944 traf er auf Hella und Hannelore Zacharias und beschaffte ihnen gefälschte Reichsbahnausweise. 1947 heiratete er Maria Ditzel.
Er blieb zeit seines Lebens Eisenbahner und wohnte weiterhin in Heringen. Das Ehepaar hatte drei Kinder. Fritz Kittel starb 1980.

Hella und Hannelore Zacharias

...wurden als Jüdinnen im Nationalsozialismus verfolgt. Sie standen auf der Deportationsliste der Gestapo in Berlin, waren untergetaucht und versuchten mit Hilfe von falschen Papieren zu überleben. Sie hatten Verstecke in Berlin, im damaligen Sorau (Zary) und in Heringen (Werra). Sie wurden in Heringen (Werra) von US-amerikanischen Soldaten am 1. April 1945 befreit. 

HELLA wurde 1915 als Hella Freundlich geboren, heiratete Felix Zacharias, der in Berlin untertauchte und dort überlebte. Er wurde von sowjetischen Soldaten befreit. Die Ehe der beiden wurde 1947 geschieden. Beide heirateten erneut und bekamen weitere Kinder. Hella, in dritter Ehe verheiratete Naglatzki, lebte schließlich in Darmstadt. Sie hatte drei Kinder. Hella starb 1966.

HANNELORE, geboren 1936, lebte nach der Befreiung mit ihrer Mutter und deren neuer Familie in Heppenheim an der Bergstraße. Sie waren Mitglieder der jüdischen Gemeinde zu Bensheim, später Darmstadt. Nach dem Abitur studierte Hannelore Sprachen und ging nach Italien. 1962 heiratete sie den amerikanischen Maler, Sänger, Schauspieler und Aktivisten Harold Bradley, sie hatten drei Kinder. Hannelore starb 2014 in Rom.

Die Deutsche Reichsbahn

...wurde während der Weimarer Republik gegründet.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird die Reichsbahn in wenigen Jahren in den nationalsozialistischen Staat integriert und zu einem Werkzeug der Diktatur. Die Einordnung in das Regime bedeutet auch die unmittelbare Beteiligung des Staatsbetriebs an den Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Reichsbahn deportierte in ihren Zügen etwa drei Millionen jüdische Menschen, Sinti und Roma und beteiligte sich so am staatlich organisierten Völkermord. 

Die Ausstellung

  von
Ende des Sliders


Gemeinsam mit der Historischen Sammlung der Deutschen Bahn hat Esther Dischereit das Konzept der Ausstellung entwickelt. Die Darstellung, die auch nach den heutigen Familiennarrativen fragt, ist für die Deutsche Bahn ein neuer multimedialer Ansatz ihrer Erinnerungskultur.

Sie lädt dazu ein, sich kritisch mit den Verbrechen in der NS-Zeit und den Fragen individueller Verantwortung auseinanderzusetzen. Ohne die Reichsbahn der NS-Zeit wäre die Deportation der europäischen Juden, Sinti und Roma in die Vernichtungslager nicht möglich gewesen.

Mit der Wanderausstellung „Wer war Fritz Kittel?“ setzt die Deutsche Bahn ihr Engagement für eine demokratische Gesellschaft mit einer aktiven Erinnerung an die Opfer von Rassismus, Antisemitismus und Gewaltherrschaft fort.

Die Ausstellung besteht aus vier Elementen, die unterschiedliche Perspektiven und Zugangsweisen eröffnen.

Ausstellungswand

Zu sehen und zu lesen sind eine Einführung in das Thema, eine kontextualisierende Zeitleiste und Fotografien von Ausstellungsobjekten und biografischen Dokumenten.

10 dokumentarische Filme

Sie zeigen die Spurensuche der Kinder und Enkelkinder von Fritz Kittel und Hella Zacharias (nach dem Krieg verh. Dischereit) in Berlin, Żary (dem damaligen Sorau) und in Heringen. Sie werden auf die Rückseite der Ausstellungswand projiziert und sind frei anwählbar.

Drei Ausstellungschränke mit Schubladen

In ihnen befinden sich Dokumente und erläuternde Texte über die Familie Zacharias/Dischereit/Bradley, Fritz Kittel und die Rolle der Deutschen Reichsbahn in der NS-Zeit. Sie laden zum Stöbern und Entdecken ein. Besucher:innen können sich selbst auf Spurensuche begeben.

Literarische Texte der Schriftstellerin Esther Dischereit

Durch Esther Dischereits Schreiben und Anordnen verbinden sich erzählender Text und Objekte, Fiktion und Dokumentation. Die literarischen Miniaturen können die Besucher:innen mit nach Hause nehmen.

Gemeinsam mit der Historischen Sammlung der Deutschen Bahn (Leiterin Dr. Susanne Kill) hat Esther Dischereit das Konzept der Ausstellung entwickelt. Das Produktdesign hat Prof. Veruschka Götz entworfen. Gerhard Schick hat den Dokumentarfilm erstellt.