S3-Köpfe: Sechs Fragen an Ingrid Felipe zu „Kleine und Mittlere Maßnahmen“

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Artikel: S3-Köpfe: Sechs Fragen an Ingrid Felipe zu „Kleine und Mittlere Maßnahmen“

Ingrid Felipe, Vorständin Infrastrukturplanung und -projekte bei DB InfraGO, verantwortet im Rahmen des Sanierungsprogramms S3 das Projekt „Kleine und Mittlere Maßnahmen“. Im Interview erzählt sie unter anderem, worum es in dem Projekt geht und warum es einen großen Beitrag zur Stabilisierung des Bahnsystems leistet.

Zum S3-Projekt „Kleine und Mittlere Maßnahmen“:

Für spürbare Entlastung im überlasteten Schienennetz sorgen Kleine und Mittlere Maßnahmen (KMM). Dazu zählen beispielsweise zusätzliche Weichen und Überholmöglichkeiten, Anpassungen bei Signalen, Blockverdichtung sowie Bahnsteiganpassungen. Der Zugverkehr kann flexibler gesteuert werden und verbessert so kurzfristig die Pünktlichkeit.

Worum geht es im Projekt „Kleine und Mittlere Maßnahmen“?

Seit der Bahnreform in den 1990er Jahren hat der Verkehr um rund .30 Prozent zugenommen. Gleichzeitig ist das Netz geschrumpft und immer älter geworden. Zahlreiche Störungen und viele Baustellen sind die Folge. Wir haben uns deshalb gefragt: Wie können wir schnell und effektiv dafür sorgen, dass unsere Infrastruktur robuster wird und unsere Fahrgäste und Kund:innen im Güterverkehr pünktlicher unterwegs sind? Dabei helfen uns genau solche zusätzlichen Kleinen und Mittleren Maßnahmen in der Infrastruktur. Sie ermöglichen es den Disponent:innen und Zugverkehrssteuerern, gerade auf hochfrequentierten Strecken, die Züge flexibler zu fahren.

Quelle: DB/Volker Emersleben
Berliner Hauptbahnhof wird leistungsfähiger – mehr Weichen für mehr Verkehr.

Ein aktuelles Beispiel: In Berlin bauen wir zusätzliche Weichen und Signale ein. Damit können künftig zwei Züge an einem Bahnsteig halten oder Züge von beiden Richtungen in das Gleis fahren.

Seit dem Start des Projektes 2022 haben wir bereits 105 KMM in Betrieb genommen und mit diesem hohen Tempo wollen wir auch weitermachen. Denn jede zusätzliche Weiche, jedes neue Überholgleis oder jede Blockoptimierung sorgt für eine Stabilisierung des Bahnbetriebs und liefert einen wichtigen strukturellen Beitrag zur Sanierung der Infrastruktur im Bestandsnetz.

Was ist die entscheidende Veränderung im Projekt, damit S3 die Wende bringt?

Das Programm der KMM hat die DB bereits im September 2022 ins Leben gerufen. Es ist seitdem Teil des Unternehmensprogramms der DB InfraGO und nun auch Bestandteil des Sanierungsprogramms S3. Dass wir als eigenes Projekt bei S3 angesiedelt sind, ist wichtig, weil unsere Aktivitäten mit KMM einen großen Beitrag zur Stabilisierung des Bahnsystems leisten. Das wird auch von Politik und Verbänden positiv aufgenommen.

Das Bestandsnetz selbst ist die wichtigste Grundlage für das Wachstum der Eisenbahn und wenn die Umsetzung der KMM am Ende zu mehr Pünktlichkeit bei den Fahrgästen und Kund:innen im Güterverkehr führt, können wir als Team wirklich stolz darauf sein. Auch unsere Kolleginnen und Kollegen auf den Triebfahrzeugen, in den Stellwerken und in der Netzdisposition geben uns sehr gutes Feedback zur verbesserten Betriebsdurchführung.

Quelle: DB/Oliver Lang
Ein Weichentransport an der Riedbahn

Welche Schritte sind geplant, damit das Projekt im Plan fertiggestellt wird?

Für die beschleunigte Umsetzung bis 2030 werden die KMM in bestehende Baukorridore integriert. Im letzten Jahr konnten so im Zuge der Generalsanierung der Riedbahn gleich sechs KMM erfolgreich in Betrieb gehen. Hier haben wir drei zusätzliche Überleitstellen geschaffen und unter anderem durch den Einbau von größeren Weichen dreimal die Kurven- beziehungsweise Weichengeschwindigkeit erhöhen können.

Darüber hinaus erzielen wir beispielsweise durch eine Parallelisierung von Leistungsphasen kürzere Projektlaufzeiten. Und die Kolleginnen und Kollegen in der Programmsteuerung arbeiten auch daran, ausreichend Planungsvorrat zu schaffen. Sollte es dann zu Verzögerungen bei einer Maßnahme kommen – zum Beispiel durch neue Erkenntnisse in der fortschreitenden Planung – kann ein anderes Projekt genutzt werden, um weiterhin den geplanten Hochlauf der KMM einzuhalten. Wir flexibilisieren also nicht nur den Bahnbetrieb, sondern bei Bedarf auch die Reihenfolge der Umsetzung einzelner Maßnahmen.

Was ist das größte Hindernis bei diesem Projekt?

Bis jetzt sind wir gut vorangekommen. Für eine erfolgreiche und vollständige Umsetzung all der Projekte, die wir uns vorgenommen haben, wird entscheidend sein, dass wir vom Bund zeitnah die erforderlichen Mittel erhalten. Darüber hinaus sind – wie für unsere anderen Projekte auch – die begrenzten Ressourcen für Sperrzeiten, Personal und Marktkapazitäten die größten Herausforderungen. In unserem Projekt hilft uns aber die Fokussierung auf das Bestandsnetz. Deshalb wollen wir das Projekt auch über die bisherige Laufzeit hinaus verstetigen.

Wo steht das Projekt aktuell?

Wir haben die Projekte festgezurrt und mit den Regionen abgestimmt. Um keine Zeit zu verlieren, finanzieren wir sie mit Eigenmitteln vor, bis die Finanzierung durch den Bund sichergestellt ist. An unserem Zielhochlauf halten wir seit 2022 fest und liegen dort mit 30 Prozent bereits in Betrieb genommener Maßnahmen voll im Plan. Damit haben wir all das erfüllt, was wir uns bis hier hin vorgenommen haben. Im vergangenen Jahr konnten wir 22 KMM in Betrieb nehmen, darunter wichtige Projekte wie die Gleisverlängerung in Wandersleben oder das Maßnahmenbündel für den Deutschlandtakt in Hagenow.

Quelle: Deutsche Bahn AG, Matt Stark
Ingrid Felipe, Vorständin Infrastrukturplanung und -projekte, DB InfraGO AG: „Um keine Zeit zu verlieren, finanzieren wir die Projekte mit Eigenmitteln vor, bis die Finanzierung durch den Bund sichergestellt ist.“

Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: „Wir brauchen für dieses Projekt…“

… die erforderlichen Ressourcen und einen langen Atem. Und wenn wir unser Bestandsnetz im Sinne einer leistungsfähigen Infrastruktur den verkehrlichen und unternehmerischen Erfordernissen anpassen wollen, müssen wir bereits jetzt für die Zeit danach planen. Dafür wollen wir gemeinsam mit der Politik die Voraussetzungen schaffen. Wir versprechen: Wir krempeln die Ärmel hoch und arbeiten hart. Dafür sage ich Danke an das gesamte Team DB! Für Euer Durchhaltevermögen, fürs Kämpfen und für die schon mehr als 100 gelungenen Kleinen und Mittleren Maßnahmen.