Artikel: Mit Teamgeist, Tatkraft und Daten dem Wetter trotzen
Sturmtief Ylenia hat in Deutschland gewütet und Zeynap steht schon in den Startlöchern. Der Deutsche Wetterdienst hat vor massiven Orkanböen gewarnt. Wetterfrosch Sven Plöger von der ARD kennt fast jeder. Was nicht jeder weiß: Auch bei der Bahn gibt es spezialisierte Teams für Sturm, Schnee & Co –Ihre Arbeit und genaueste Datengrundlagen werden durch den Klimawandel immer wichtiger und werden durch neue Technik und Sensordaten auch immer nutzbringender. Christoph Effing ist einer von ihnen.
Das Wetter könne er nicht beeinflussen, aber mit seinem Wetterprojekt leistet er auf Basis ortsgenauer Prognosedaten einen wichtigen Beitrag, um auch bei extremem Wetter möglichst wenig Einschränkungen im Bahnverkehr zuzulassen, so der Berliner Geoinformatiker.
"Sturmtief Ylenia hat für eine unruhige Nacht gesorgt, im morgendlichen Steuerungsboard am Donnerstag berichteten die Kollegen schon von einem massiven witterungsbedingten Pünktlichkeitseinbruch", erzählt Effing. Die Kolleg:innen vor Ort erkunden derzeit an den Strecken mit Sensorik, Sonderfahrten, Drohnenflügen laufend die Lage, um Schäden zu beseitigen und die Züge so schnell und sicher wie möglich wieder auf die Schiene zu bringen. Währenddessen werden in der Netzleitzentrale bereits per Videoschalte mit dem Deutschen Wetterdienst die räumlichen Auswirkungen des nächsten Sturmtiefs Zeynap eingegrenzt und entsprechende Prozesse über den Krisenstab angestoßen.
Genaue Wetterprognosen sind das A und O
Alle Jahre wieder haben Züge und Kolleg:innen mit Wetterturbulenzen zu kämpfen. Dann stellt sich die Frage: Müssen Verbindungen bei Sturm ausfallen – oder können die Züge auf die Schiene? „Um diese Entscheidung zu treffen, sind gute und genaue Wetterprognosen das A und O“, sagt Christoph Effing. Bei witterungsbedingten Großstörungen schließt sich die DB-Netzleitzentrale deshalb mehrmals täglich direkt mit dem Deutschen Wetterdienst kurz.
Punktgenaues Wetter für Bahnstrecken

Bei der DB interessiert es weniger, wie die Wetterlage in einer Gemeinde oder einem Landkreis aussieht. Auf der Wetterplattform der DB gibt es Prognosen für über 2.500 Betriebsstellen deutschlandweit. „Noch genauer schauen sich beispielsweise die Kolleg:innen von DB Netz in der Region Südost das Wetter auf der Schnellfahrstrecke zwischen Berlin und München an“, sagt Christoph Effing und guckt in seinen Computer: Wo zieht am kommenden Tag auf der Schnellfahrstrecke der Sturm an? Das sieht man dort ganz genau. Webcams und hochpräzise Wetterstationen entlang der Schnellfahrstrecke erfassen die aktuelle Wetterlage.

„Unser Ziel ist es, in Zukunft noch exaktere Wetterprognosen anzubieten, dafür braucht es aber genauere Daten und weitere Wetterparameter." Bisher bekommt die DB die Prognosen von ihren Wetterdienstleistern in „Sechs-Stunden-Scheiben“. Mithilfe von kürzeren Zeitabschnitten und einer höheren räumlichen Auflösung entlang der Strecke könnten die Triebfahrzeugführer beispielsweise künftig kurz vorher gewarnt werden, wenn auf ihrer Strecke ein Blitz eingeschlagen hat. Oder ein Zug könnte im Ernstfall automatisch umgelenkt oder Verkehre eingestellt werden. „In Zukunft wird es möglich sein, in Echtzeit zu verfolgen, wie sich das Wetter entwickelt während einer Zugfahrt – vom Start bis zur Ankunft. In animierten Karten bewegen sich dann die digitalen Fahrzeugzwillinge auf virtueller Infrastruktur durch das simulierte Wetter - ähnlich wie bei einem Flugsimulator“, sagt Christoph Effing.

Gemeinsam mit seinem Team arbeitet er daran, dass die Wetterdaten bereitstehen, die für diese Simulationen gebraucht werden. „Wir schreiben die Wetteranwendungen und Wetterdatenlieferungen geschäftsfeldübergreifend europaweit aus und wollen sie baldmöglichst zusammenführen.“ Der Vorteil: Die DB erhält dann nicht nur genauere Prognosen, sondern auch eine einzige Wetterdatenplattform – statt verschiedener Anwendungen wie bisher.
Big Data verstehen
„Die Menge der Wetterinformationen wächst und wächst. Auch bei der DB wird es immer wichtiger, die raumzeitlichen Zusammenhänge in Karten anschaulich und intuitiv verständlich zu machen – im Idealfall sogar animiert.“ Gute Karten für die Bahn zu erstellen, sei sehr anspruchsvoll. „Gerade die schmalen Streckenlinien bieten nicht viel Raum für Details. Man muss das sehr gut machen, damit die Karten nicht überfrachtet werden. Sonst sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.“
