Artikel: „ESports und DB?“ Passt!
#jungeDB: Abdullah Haj Burhan ist 13 Jahre alt, als er mit seiner Familie aus Syrien nach Deutschland flieht. Als das kleine, voll besetzte Boot nach Griechenland ablegt, muss er seine geliebte PlayStation 2 von Bord werfen. Heute, mit 24, hat er ein DB-ESports-Stipendium für das Fußballspiel EA FC 24 und wird von erfahrenen ESportlern gecoacht.
Abdullah Haj Burhan ist Dualer Student der Elektrotechnik bei der DB InfraGO. Und er hat ein DB-ESports-Stipendium. Sein Weg bis zu diesem Punkt war nicht leicht, doch Abdullah sah in jeder Herausforderung auch eine Chance. Aber von vorn.
Als Abdullah als 13-Jähriger mit seiner Familie aus Syrien flieht, hat er schon einen eigenen Computer und eine PlayStation 2. Aus Angst, im eigenen Land gefangen genommen zu werden, machen sie sich 2013 auf den Weg Richtung Deutschland. Denn dort leben bereits drei seiner Onkel. Als es von der Türkei mit dem Boot nach Griechenland gehen soll, wird bald klar, dass sie ihre Habseligkeiten nicht weiter mitnehmen können. „Das Boot war zwei Meter lang und mit 35 Personen besetzt“, sagt Abdullah. „Wir mussten unsere Sachen ins Wasser werfen oder wir ertrinken. Alles ist im Wasser verloren gegangen.“ So auch die geliebte PS2.
In Deutschland muss die Familie von vorne anfangen. In einem Verein für Flüchtlinge spielt er Fußball und bekommt darüber hin und wieder ein Ticket für ein Hertha-Spiel geschenkt. „Das fühlte sich an wie zu Hause“, sagt Abdullah. Auch in Syrien war er hin und wieder im Fußballstadion zu Gast. „Die Atmosphäre ist überwältigend. Ich wusste vorher nicht, dass Deutschland so eine Fußballnation ist!“
Fußball gibt es für Abdullah Haj Burhan aber nicht nur an der frischen Luft. Seine Oma ermöglicht ihm eine neue PlayStation, eine PS4, und Abdullah kann wieder zocken – wie früher. Nach dem Schulabschluss schaut er sich nach Ausbildungsplätzen um und steigt schließlich über das Programm “Chance Plus” bei der DB ein: Mit anderen Geflüchteten macht er ein Jahr lang ein Praktikum an verschiedenen Stationen der Deutschen Bahn und bekommt zusätzlich Deutschunterricht für Berufstätige. Im September 2017 startet er mit 17 Jahren eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei der DB Services. Zweieinhalb Jahre lang wartet er elektronische Anlagen. Die Arbeit macht ihm Spaß, doch schnell merkt er, dass er beruflich weiterkommen will. Also schaut er sich auf der Karriereseite der DB um und bewirbt sich kurzerhand als Dualer Student der Elektrotechnik bei der Infrastruktursparte DB InfraGO. „Ich wusste damals gar nicht, wie man ein Anschreiben schreibt. Ich habe erst später herausgefunden, dass man es gar nicht braucht! Der Lebenslauf reicht.“
Dann fällt ihm eine Werbung auf Instagram auf: Junge Menschen können sich bei der DB um ein ESports-Stipendium bewerben. Er ist kurz verblüfft – „Esports und DB?“ – und scrollt weiter. Kurz darauf landet eine E-Mail in seinem Postfach: Sein Nachwuchskräftekoordinator weist auf eben jenes Stipendium hin. Monetäre Leistungen gibt es nicht, dafür aber Hardware-Support, Fitnesstraining, Ernährungsberatung und sportpsychologische Betreuung. Das alles in der Freizeit der Auszubildenden. Jede:r, egal welchen Niveaus, könne sich bewerben, so heißt es in der E-Mail. Abdullah liebt es zu zocken und sein Spiel, das Fußballspiel EA FC 24, ist tatsächlich auf der Auswahlliste der Spiele. Also zögert er nicht lange.
50 der mehreren Hundert Bewerber:innen werden im November 2023 zu einem Event nach Frankfurt am Main geladen. Abdullah ist begeistert: Die Halle versprüht einen futuristischen Charme und die Gaming-Plätze der FC-24-Gamer sind in einem Ideenzug integriert. „Ich war schockiert – positiv. Ich wusste nicht, dass die Deutsche Bahn so cool ist. Zwei Tage lang spielt Abdullah gegen die anderen Auszubildenden und bekommt dabei wertvolle Tipps von Profi-Coaches. Zwischendurch gibt es spannende Vorträge von bekannten Gaming-Persönlichkeiten. Am Ende ist Abdullah erfolgreich: Als einer von 20 bekommt er ein ESport-Stipendium. „Man muss nicht immer gewinnen“, sagt Abdullah. „Die Jury schaut sich an, wie man im Spiel vorgeht. Die professionellen Coaches bewerten aber auch, wie fair man spielt.“ Seitdem wird Abdullah regelmäßig in FC 24 gecoacht.
Abdullah zieht durch: Arbeit, Studium, Stipendium. Sein Ziel nach dem Dualen Studium ist es, Projektmanager zu werden. Üblicherweise bedarf es dafür einer Einarbeitung von eineinhalb Jahren. „Das will ich schon während meines Studiums schaffen, damit ich danach gleich richtig einsteigen kann“, sagt er. Die zeitliche Herausforderung sieht er als Chance: „Der Druck, alles unter einen Hut zu bekommen, bereitet mich super auf meinen Beruf vor.“ Aber auch das sportpsychologische Training des ESports-Stipendiums stärkt ihn. Und wenn er doch mal Luft hat, geht er mit seiner Dauerkarte zu einem Hertha-Spiel und genießt die Stimmung. Oder er zockt EA Sports FC 24 – privat und auch beruflich.
PS: Abdullah möchte sich noch einmal ganz herzlichen bei seinem Mathelehrer Herrn Podolski der Hemingway-Schule in Berlin bedanken, der ihn unterstützt und an ihn geglaubt hat!