Die Gründung der Deutschen Bahn AG

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    Die Deutsche Bahn ist ein junges Unternehmen, im Januar 1994 wurde sie als Aktiengesellschaft gegründet. Damit beginnt eine neue Epoche in der deutschen Eisenbahngeschichte. Denn aus zwei Staatsbahnen wird ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen.

    Die Gründung der Deutschen Bahn AG war die politische und wirtschaftliche Antwort auf zwei sehr unterschiedliche Herausforderungen im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Zunächst die erfreuliche: Beginnend mit den Leipziger Montagsdemonstrationen gegen die Reformunwilligkeit und -unfähigkeit der DDR-Regierung gelang auch in Ostdeutschland wie zuvor in Polen, Ungarn oder der Tschechoslowakei 1989 die sanfte Revolution. Dies war die Voraussetzung für die politische Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands und damit auch der Zusammenführung zweier durch den eisernen Vorhang getrennter Schienennetze und Staatsbahnen.


    Sehr schlechter technischer Zustand der Reichsbahn

    Gelang die politische Zusammenführung der beiden deutschen Staaten erstaunlich schnell, so blieb die Anpassung zweier Wirtschaftssysteme eine dauernde Herausforderung. Aus der Perspektive der Bahnen war vor allem der technische Zustand der Bahn in der DDR wenig erfreulich. Hatte man schon in der alten Bundesrepublik nur zurückhaltend in das Schienennetz investiert, so schien bei der Reichsbahn mancherorts die Zeit stehen geblieben zu sein.

    Ende des Expander-Inhaltes
    Bundesbahn und Reichsbahn

    Im Vergleich zur Bundesrepublik war das Streckennetz der DDR wesentlich dichter. Doch 1990 waren nur 30 Prozent (3.829 km) des Netzes elektrifiziert; weniger als ein Drittel der gesamten Strecken war mehrgleisig. Demgegenüber verfügte die Bundesbahn über ein Netz, dessen Strecken immerhin zu 45 Prozent (11.700 km) elektrifiziert und fast 46 Prozent (12.300 km) mehrgleisig waren. Auch die Infrastruktur der Reichsbahn war veraltet. 67 Prozent aller dortigen Stellwerke waren älter als 40 Jahre und von den 8.224 Brücken waren 35 Prozent älter als 100 Jahre. Einschränkungen der Höchstgeschwindigkeit, der zulässigen Achslast sowie Langsam-Fahrstellen behinderten die Betriebsführung. Oftmals wurden Weichen und Stellwerke noch von Hand bedient.

    Ende des Expander-Inhaltes
    Hoher Investitionsbedarf

    Auf diesem veralteten Netz sind aber unter dem Diktat der Planwirtschaft pro Jahr doppelt so viele Kilometer pro Person gefahren worden wie in der Bundesrepublik. Dementsprechend hoch war der Verschleiß und damit der Investitionsbedarf. Hinzu kam, dass auch die Reichsbahn - wie fast alle DDR Staatsbetriebe - personell stark überbesetzt war. 1990 waren es 253.000 Arbeitskräfte, die ein etwa halb so großes Netz mit halb so vielen Zügen betrieben wie die Bundesbahn. Die Bundesbahn beschäftigte im Vergleichsjahr 236.000 Beamte, Angestellte und Arbeiter.

    Ende des Expander-Inhaltes
    Bundesbahn: 44 Mrd. DM Schulden

    Doch auch die Lage der Bundesbahn war dramatisch. Die Konkurrenz auf der Straße und zunehmend in der Luft drängte den Marktanteil der Schiene am Gesamtverkehrsaufkommen zunehmend zurück. Trotz sinkender Personalkosten und steigender Erträge in den 80er Jahren erwirtschaftete der als Behörde geführte Staatsbetrieb besorgniserregende Fehlbeträge. Der Schuldenstand belief sich vor der Wiedervereinigung bereits auf 44 Mrd. DM. Seit 1950 setzten die wechselnden Regierungen immer wieder Kommissionen ein, um einen Ausweg aus den finanziellen Problemen der Bundesbahn aufzuzeigen. Keiner dieser Reformkommissionen konnte nachhaltige Erfolge vorweisen.

    Ende des Expander-Inhaltes
    Haushaltsrisiko Bundesbahn

    Kurz vor den unerwarteten Ereignissen in der DDR herrschte sowohl bei der Bundesregierung als auch bei der Bundesbahn selbst Einmütigkeit darüber, dass die Behördenbahn alter Prägung keine Zukunft mehr hat. So wurde im Juli 1989 eine Regierungskommission Bundesbahn berufen, die ein Reformwerk vorlegen sollte, dass den Bund vom Haushaltsrisiko Bundesbahn befreite und die Schiene im wachsenden europäischen Binnenmarkt als Verkehrsträger wieder zukunftsfähig machte. Wie fast überall in den 90er Jahren lauteten die Antworten auf diese Herausforderungen: Deregulierung bei gleichzeitiger Schaffung neuer gesetzlicher Bedingungen, die ein marktnahes und kostenbewusstes Management ermöglichten und erzwangen. Hinzu kam die Ermöglichung freier Preisbildung und Nutzung der Strecken nach unternehmerischem Nutzenkalkül. Die Bahn sollte ihr Geld am Markt verdienen und nicht im Parlament abholen.

    Ende des Expander-Inhaltes
    Große Mehrheit für Reformwerk

    Ob die Durchsetzung einer so grundlegenden Reform auch ohne die veränderten politischen Bedingungen von 1989 in der alten Bundesrepublik möglich gewesen wäre, wird eine offene Frage bleiben. Zweifelsfrei dagegen ist, dem Zwang zur Reform nach der Wiedervereinigung konnte keine Regierung ausweichen. Nur so ist zu verstehen, dass mit großer parlamentarischer Mehrheit der Bundestag am 2. Dezember 1993 einer notwendigen Grundgesetzänderung und einem ganzen Paket von Gesetzesänderungen zustimmte. Mit 559 Ja-Stimmen, 12 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen gab der Bundestag den Weg frei für eine grundlegende Bahnreform. Nachdem auch noch der Bundesrat mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit dem Reformwerk zustimmte, konnte im Januar 1994 die Deutsche Bahn AG ins Handelsregister Berlins eingetragen werden. Beendet war damit die Epoche zweier Staatsbahnen ganz unterschiedlicher Prägung: Die Behörde Bundesbahn und das staatssozialistische Unternehmen Reichsbahn sind Geschichte.

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