„Die Bahn bietet eine Fülle von Möglichkeiten, sich Gags auszudenken“

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Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Diese Einstellung hilft Bahner:innen und Fahrgästen, wenn Verspätungen die Laune vermiesen. Miguel Fernandez zeichnet besonders gern Cartoons zum Thema Bahnfahren. In der DB-Belegschaft hat er viele Fans. Lesen Sie, wie der Zeichner Menschen zum Lachen bringt.

Miguel Fernandez ist nicht nur Comiczeichner, sondern auch Autor, Illustrator und Cartoonist
Miguel Fernandez ist nicht nur Comiczeichner, sondern auch Autor, Illustrator und Cartoonist

Herr Fernandez, seit 2014 haben Sie schon mehrere Cartoon-Sammlungen veröffentlicht: vom ganz normalen über den totalen zum absoluten „Bahnsinn“. Wie kommt es, dass Sie sich besonders gern am Thema Bahn abarbeiten? Ist die DB so inspirierend? Fahren Sie so oft Bahn? Und was sind Ihre anderen Lieblingsthemen?

Die Lieblingsthemen eines Cartoonisten sind immer die, die ihn persönlich betreffen. Als Vater von zwei Teenagern habe ich zum Beispiel gerade ein Buch darüber fertiggestellt, das im Herbst erscheint. Je mehr man in einem Thema drin steckt, desto mehr hat man darüber zu sagen. Und so war es auch mit der Bahn. Als ich das Thema für mich entdeckt habe, war ich bereits Cartoonist, aber einer, der vorher lange Zeit Pendler gewesen war. Ich weiß sogar noch den genauen Moment: Ich saß gerade im Zug kurz vor Oldenburg und war auf dem Weg zu meinem Verlag, wo ich neue Buchideen besprechen wollte. So ganz zufrieden war ich mit meinen Einfällen noch nicht, bis ich plötzlich auf das Thema kam: Bahnfahren! Das kam erst beim Verlag und dann bei den Lesern so gut an, dass über die Jahre drei kleine Bahn-Bücher, einige Pendler-Kalender und nun ein Sammelband erschienen sind. Die Bahn bietet nun mal eine Fülle von Möglichkeiten, sich Gags auszudenken.

Wir wissen gar nicht, was Sie meinen... ;) Was macht einen richtig guten Cartoon aus?

Ich kann gern Bescheid geben, wenn ich das jemals rausfinden sollte. Die Zeichnung ist es jedenfalls nicht, weil ein Cartoon mit Strichmännchen genauso witzig sein kann wie einer, an dem man 30 Stunden gesessen hat. Es muss also die Idee sein. Sie sollte etwas Überraschendes haben. Was leider sehr selten passiert ist, dass man eine Situation erlebt und sie dann 1:1 so zeichnen kann. Ich muss die Realität immer etwas zuspitzen und übertreiben, damit das Absurde daran deutlich wird.

Wie arbeiten Sie – fällt Ihnen erst der Text bzw. die Situation ein und dann zeichnen Sie das Bild? Oder geht beides Hand in Hand?

Text und Bild funktionieren nur gemeinsam, also sollte man sich beides gleichzeitig ausdenken. Wobei das Bild immer Vorrang hat, das heißt, was ich im Bild zeigen kann, schreibe ich nicht in die Sprechblasen. Ich mache erst ein paar Scribbles, um zu sehen, wie ich die Idee am besten erzähle, dann erst mache ich mich an die eigentliche Umsetzung. Ach, und manchmal feile ich noch bis zum Schluss an den Texten herum. Je kürzer sie sind und je umgangssprachlicher sie formuliert sind, desto besser gefallen sie mir.

Wie wird man Cartoonist? Haben Sie schon immer gut gezeichnet und gern gelacht?

Cartoonist wird man für gewöhnlich aus Versehen. Man fängt damit an, weil man es liebt, Menschen zum Lachen zu bringen. Die wenigsten meiner Kollegen hatten das berufliche Ziel, Cartoonist zu werden, die meisten sind da eher so "reingerutscht". Ich auch. Als Kind habe ich - wie so viele andere auch - gern gezeichnet. Irgendwann fanden Mitschüler, Freunde und Verwandte die Zeichnungen witzig und bestärkten mich darin, mehr in dieser Richtung zu machen. Vernünftig, wie ich bin, hatte ich trotzdem erst eine wirtschaftliche Laufbahn eingeschlagen, was mich aber nicht glücklich machte. Nach einer Kurskorrektur studierte ich Visuelle Kommunikation und wollte danach eigentlich einen bodenständigen Job machen. Daraus wurde aber auch nichts, weil dann meine nebenbei gemachten Cartoons überraschenderweise so gut ankamen, dass ich davon leben konnte. Und da bin ich nun. Ich glaube, die wichtigste Eigenschaft, die ein Cartoonist mitbringen sollte, ist, Cartoons mit den Augen des Lesers zu betrachten. Selbst Fan bleiben. Gerne lachen.

  von
Ende des Sliders

Was glauben Sie, wie die Mitarbeitenden der DB Ihre „Bahnsinn“-Cartoons finden? Haben Sie schon viele Fans bei der DB?

Durch die sozialen Netzwerke weiß ich, dass viele Mitarbeiter der Bahn unter meinen Followern sind. Sie können offenbar über sich selbst lachen, was eine sehr schöne Eigenschaft ist. Aber natürlich kriegen alle ihr Fett weg, auch die Fahrgäste... und somit ja auch ich selbst. Ich glaube, dass sich nicht nur ein Cartoonist immer gern mit den Themen beschäftigt, die ihn irgendwie persönlich betreffen, auch die Leser.