„Das ist meine Leidenschaft, ich muss da nicht viel denken. Für mich fühlt es sich nicht nach Arbeit an.“

Artikel: „Das ist meine Leidenschaft, ich muss da nicht viel denken. Für mich fühlt es sich nicht nach Arbeit an.“

Josi Flemming brennt für den Job als Triebfahrzeugführerin (Tf). Diese Leidenschaft will sie an ihre Auszubildenden weitergeben. Denn auf die wird es in den kommenden Jahren ankommen. Aber Josi sieht auch noch Luft nach oben – bei ihrer Arbeit und auch im DB-Konzern. Worauf sie sich jedes Mal wieder freut, gibt es auch im Video zu sehen.


„Kommste?“ Während Sementa-Josefin Flemming, genannt Josi, durch das Werksgelände von DB Regio in Berlin Lichtenberg läuft, erinnert sie die Kolleg:innen, die an ihr vorbeikommen, ans bevorstehende Wochenende. „Kurz vor 10 da sein!“ Im Laufen verteilt sie Aufträge für das nahende Frühlingsfest in Schöneweide. Josi ist Mitglied im Verein der Dampflokfreunde Berlin e.V.  und hat eine Menge zu organisieren fürs Wochenende.

Da steckt viel Power drin, in dieser Frau. Das „Dampflokfest“ macht sie nebenbei. Fünf Kinder hat sie mit ihrem Mann, der ebenfalls bei DB Regio in Lichtenberg arbeitet. Beide sind Ausbilder, beide haben Schichtdienst. Organisation ist da alles. Wenn Josi zwischendurch mal Zeit hat, fährt sie Züge. „Das ist dann wie Urlaub“, schwärmt sie. „Das ist meine Leidenschaft, ich muss da nicht viel denken. Für mich fühlt es sich nicht nach Arbeit an.“

Besonders an Weihnachten und Silvester genießt sie die Fahrten. „Die Leute sind entspannt und man bekommt viel Wertschätzung von den Fahrgästen. Das tut gut.“ An den letzten Feiertagen hatten sie und ihr Mann mal keinen Dienst. „Das war voll ungewohnt.“ Die Arbeit im Führerstand, der Blick auf die Gleise – das steckt in ihrer DNA.

Dennoch sagt sie, dass die Zeiten immer schwieriger würden. Die meisten Schichten dauerten zehn bis zwölf Stunden. Es gelte, Löcher zu stopfen. „Wenn man bedenkt, dass der Altersdurchschnitt der Triebfahrzeugführer:innen in Berlin recht hoch ist, wird klar, dass das nicht mehr alle schaffen.“

Was sie ihren Auszubildenden und Quereinsteiger:innen vermitteln möchte, ist aber auch, dass man viel bewirken kann. Vor drei Jahren sei eine ältere Dame am Bahnsteig auf sie zugekommen. „Sie hat sich persönlich bei mir bedankt, dass ich ihre Kinder nach Hause gebracht habe.“ Josi überlegt: „Vielleicht kommen wir ja auch mal dahin, dass die Fahrgäste bei Ankunft klatschen.“ Wertschätzung ist etwas, das sie sich noch stärker wünscht. „Wir betreiben das Kerngeschäft. Ohne Tf, ohne Kundenbetreuer:innen würde die DB kein Geld verdienen.“

Die Eisenbahnerfamilie gebe es vor allem unter den operativen Mitarbeitenden. Ihr Chef würde da einen großen Beitrag leisten. Mit kleinen Dingen stelle er sicher, dass sich alle wohlfühlen und ihren Job bestmöglich machen können. Er erkundige sich und mache sich Gedanken. „Ich fühle mich hier wohl“, sagt Josi.

Das gehe auch den Azubis so. Viele bleiben nach der Ausbildung. Einige wenige strecken ihre Fühler im Konzern aus. „Aber sie kommen alle zurück“, lacht Josi. „Es kann ein paar Jahre dauern. Aber hier in Lichtenberg ist es einfach am schönsten.“ Heute haben ihre Azubis die DB-interne Abschlussprüfung geschrieben. „Das geballte Wissen von drei Jahren wird abgefragt.“ Morgen stehen die mündlichen Prüfungen an. Josi fiebert mit ihren Schützlingen mit. Vom ersten bis zum letzten Tag begleitet sie die Auszubildenden. Schreibt Dienstpläne, plant Unterricht und führt Rangierunterricht durch. Heute freut sie sich mit den jungen Leuten. „78 Prozent. Du hast es geschafft. Wir sehen uns morgen!“ Eben hat sich ein Auszubildender nach seinem Ergebnis erkundigt.

Berlin Lichtenberg ist ein großer Ausbildungsstandort. Knapp 70 Quereinsteiger:innen sind aktuell dabei, 29 Azubis auf drei Klassen verteilt und ein paar Lokführer:innen anderer EVU. Übers Jahr gibt es rund 20 Neueinstellungen. Bei den Azubis sei es immer schwieriger, junge Menschen zu finden, die den Job wirklich machen wollen. Er sei mit Schichtdienst und Beleidigungen nicht sonderlich attraktiv. Erst neulich seien einige ihrer Azubis bespuckt worden. „Die 35-Stunden-Woche ist deswegen ganz wichtig“, sagt sie. Die Arbeitgeberin müsse sich mehr hinter die jungen Menschen stellen. Denn sie werden unser Rückgrat sein.

Dass die angehenden Triebfahrzeugführer:innen gut aufgestellt sind für diesen essenziellen Job, ist Josis Aufgabe – eine wichtige. Die Tätigkeit als Fachkoordinatorin hilft ihr, die Betreuung ihrer fünf Kinder sicherzustellen. Das Fahren will sie aber auf keinen Fall aufgeben. „Es gibt nichts Schöneres, als morgens in den Sonnenaufgang oder abends in den Sonnenuntergang zu fahren.“ Wenn von dieser Leidenschaft nur ein wenig auf die Auszubildenden überspringt, kann die Zukunft der DB doch ein Stück besser aussehen.

Übrigens: Das Frühlingsfest in Schöneweide ist ein voller Erfolg geworden.