Artikel: Traumberuf Zugverkehrssteuerer
Paul Henze koordiniert seit sieben Jahren im Netz Koblenz Züge – er liebt seinen verantwortungsvollen Beruf. Um weitere Nachwuchskräfte zu gewinnen, werden nicht nur die Rahmenbedingungen weiter verbessert. Im Recruiting geht die DB auch neue und ungewöhnliche Wege: Warum gerade die Gaming-Community bestens zum Berufsbild des Zugverkehrssteuerers passt, erklärt HR-Leiterin Annamaria Dahlmann.
Im Koblenzer Hauptbahnhof treffen mehrere Strecken aufeinander.
Über den Stelltisch vor sich steuert Paul Henze mit Hilfe von Relais-Technik 310 Weichen und Signale. Die Handgriffe sitzen, konzentriert stellt er Fahrstraßen ein, greift zum Hörer, telefoniert mit Triebfahrzeugführern, Fahrdienstleitern und Mitarbeitenden der Frankfurter Betriebszentrale. Das Koblenzer Stellwerk ist eines der komplexesten in Rheinland-Pfalz, mehrere Hauptstrecken treffen aufeinander. Langjährige Erfahrung ist ein Muss. „Wir tragen die Verantwortung dafür, dass Reisenden pünktlich und sicher ans Ziel kommen“, sagt der 27-jährige Zugverkehrssteuerer (ZVS).
„Für mich ist es ein Traumberuf“
Mit 17 Jahren hat Paul Henze seine dreijährige Ausbildung zum Fahrdienstleiter begonnen, seit 2017 ist er in Koblenz im Einsatz, pro Schicht sind drei Kolleg:innen vor Ort. „Für mich ist es ein Traumberuf“, sagt er. Allein in Rheinland-Pfalz arbeiten in den über 180 Stellwerken rund 670 Fahrdienstleiter. Und doch ist der Beruf nicht allen bekannt. Um auf das Berufsbild aufmerksam zu machen, war auch jüngst ein TV-Team im Koblenzer Stellwerk zu Gast.
Die Bahn sucht Nachwuchskräfte
Allein in Rheinland-Pfalz werden jedes Jahr 25 Eisenbahner:innen und 50 Quereinstieger:innen in der Zugverkehrssteuerung eingestellt. Der Großteil der Stellwerke in Rheinland-Pfalz ist nach wie vor ausreichend mit Personal besetzt. „Damit wir auch in Zukunft genügend Zugverkehrssteuerer im Einsatz haben werden, arbeiten wir an vielen Stellen, und schaffen beispielsweise mehr Ausbildungsplätze und finanzielle Anreize“, sagt Annamaria Dahlmann. Sie leitet seit Juni 2023 den HR-Bereich der DB InfraGO in der Region Mitte.
Dabei gehen die Kolleg:innen auch neue Wege
„Als potenzielle Zielgruppe haben wir die Gaming-Community ins Auge gefasst“, sagt die HR-Leiterin. Auszubildende und Dual Studierende der DB InfraGO können sich auf ein Stipendium der esports player foundation bewerben. Auch auf Social Media-Kanälen wie TikTok, Twitch, Youtube oder Instagram wirbt die DB mit Influencern für Ausbildungsberufe wie den des Zugverkehrssteuerers. Dass während der Arbeit keine Spiele gespielt werden dürfen, ist absolut klar. Uns geht es um die Kompetenzen, die Menschen mitbringen, die dieses Hobby haben.
„Die jungen Spieler können sich konzentrieren, haben den Überblick über eine bestimmte Situation, beobachten das Geschehen, können eingreifen und Entscheidungen treffen und kommunizieren viel und gern mit anderen.“, so Anna Maria Dahlmann.
Wir wollen langfristig neue Kolleg:innen gewinnen
Für alle, die sich für den Beruf des ZVS interessieren, bietet die Bahn wöchentlich Besichtigungstermine in rheinland-pfälzischen Stellwerken an. Bei den Mitarbeitenden handelt es sich um hochspezialisierte Fachkräfte, die kurzfristig schwer ersetzbar sind. So müssen Zugverkehrssteuerer für die jeweilige Stellwerkstechnik und Region ausgebildet sein und für die örtlichen Gegebenheiten eingearbeitet und nochmals geprüft werden.
Die Rahmenbedingungen werden permanent verbessert
„Wir haben in den letzten Jahren die Betreuung der Auszubildenden verbessert, mehr Trainer eingestellt, moderne Lehranlagen wie Simulatoren und Lehrstellwerke aufgebaut, das Angebot an Berufsschulen ausgeweitet und Arbeitsbedingungen optimiert“, betont Annamaria Dahlmann. „Auch wir spüren mehr als früher, dass der Fachkräftemangel stetig zunimmt“, betont die HR-Leiterin, „daher bauen wir massiv Personal auf, um die Schiene zu stärken und den Kund:innen eine bessere Qualität zu bieten.“
Modernisierung läuft parallel auf Hochtouren
Außerdem treibt die DB – Stichwort „Starke Schiene“ – parallel die Standardisierung, Automatisierung und Digitalisierung im Schienennetz kontinuierlich voran. Ein Beispiel für die Modernisierung der Leit- und Sicherungstechnik in Rheinland-Pfalz ist etwa das neue Stellwerk in Wörth am Rhein, ein weiteres befindet sich an der Moselstrecke im Aufbau. Auch an der Ahr und an der Eifel entsteht nach der Flutkatastrophe komplett neue Stellwerkstechnik.