Artikel: Inklusionsfrühstück
DB-Casino in der Bellevuestraße am Potsdamer Platz: morgens kurz vor 8.00 Uhr. Auf der Agenda steht ein wichtiges Thema: Inklusion bei der DB.
Eingeleitet durch die Konzerninitiative Einziganders. organisierten das DB Diversity Management (HRS) und die Abteilung Gesundheit&Soziales (HBG) am 12. Oktober 2023 das erste Inklusionsfrühstück der DB. Gastgebende sind Konzernvorstand Berthold Huber gemeinsam mit den Abteilungen Diversity Management (HRS) und Gesundheit und Soziales (HBG) sowie Steffen Pietsch, Konzernschwerbehindertenvertrauensperson.
Maike Matthiessen (HBG), moderierte die Runde und führte durchs Gespräch. Berthold Huber selbst ist Pate der Diversity-Dimension „physische und psychische Fähigkeiten“ und Schirmherr des Inklusionspreises der DB. Beim gemeinsamen Frühstück will er vor allem zuhören: den Mitarbeitenden, die selbst mit einer Einschränkung leben, und denjenigen, die sich im Unternehmen für die Inklusion von Kolleg:innen mit Behinderungen einsetzen.
Zuhören und Austausch: Am gedeckten Frühstückstisch der zentralen DB-Kantine (Casino) kommen viele Aspekte zur Sprache: Welche Barrieren es gibt und welche strukturellen Herausforderungen, etwa beim Beschaffen von Hilfsmitteln. Aber auch für Erfolgsgeschichten ist Platz: So wird berichtet, wie für einen Kollegen nach einem schweren Arbeitsunfall ein neuer Arbeitsplatz im selben Team gefunden wurde, oder wie es gelang, einen gehörlosen Mitarbeiter im Instandhaltungswerk einzustellen.
Das „Inklusionsfrühstück“ steht als neues Format ganz im Zeichen der Kommunikation. Die ist auch Infrastruktur-Vorstand Huber besonders wichtig:
„In informellen Formaten wie heute können wir Ideen entwickeln und mehr Führungskräfte dafür gewinnen. Da haben wir als Vorstände, und ich als Schirmherr, eine Verantwortung: Wir müssen viel mehr kommunizieren, als wir es in der Vergangenheit getan haben.“ (Berthold Huber)
Beim Austausch über praktische Erfahrungen ist allen Teilnehmenden das bewusste Lernen an den Erfahrungen anderer besonders wichtig: „Wir haben einen Grundsatz: Lieber gut kopiert als schlecht selbst gemacht. Die Erfahrungen meiner Kolleginnen und Kollegen zeigen, welche Stolpersteine es gibt“, sagt Ben Ziegler von DB-Fernverkehr. Juliane Kletschka von DB Kommunikationstechnik schätzt die Stärken, die Kolleg:innen mit Einschränkungen mitbringen:
„Wer selbst mit einer Behinderung lebt, hat ganz besondere Kenntnisse und eine individuelle Perspektive auf das Thema. Betroffene bringen Empathie mit und helfen der Offenheit im Team.“ (Juliane Keltschka)
Einschränkungen ausgleichen? Für Steffen Pietsch ist es ein wichtiges Anliegen, Führungskräfte für das Thema Inklusion zu gewinnen. Er ist Konzernschwerbehindertenvertrauensperson (KSVP) und überzeugt: Wer etwas ändern will, muss sich ohne Vorbehalte mit dem Thema auseinandersetzen.
„Das Wichtigste ist, die Barriere im Kopf loszuwerden, zu erkennen, dass Menschen, die eine Einschränkung haben, genauso Leistung erbringen wie Menschen ohne Behinderung.“ (Steffen Pietsch)
Viele Einschränkungen können ausgeglichen werden mit umso ausgeprägteren Fähigkeiten der Menschen mit Behinderung, so Pietsch.
Max Kunzmann, Team SIAM Provider- & Contract Managemant XaaS bei DB Systel, macht vor allem auf Barrieren des Alltags aufmerksam. Er ist blind und hat einige Lösungen direkt mitgebracht: Seinen Konzernausweis hat er zum Beispiel mit einem Aufkleber in Blindenschrift markiert:
„Wenn sehende Menschen darauf achten, Koffer oder Kinderwagen nicht auf Blindenleitsystemen am Bahnsteig abzustellen, ist schon viel gewonnen. Es gibt aber auch größere Themen, zum Beispiel sichere Arbeitswege.“ (Max Kunzmann)
Dazu gehöre zum Beispiel auch, Gebäude so zu erschließen, dass sie eine barrierefreie Orientierung ermöglichen. Die Erkenntnis: Jede Verbesserung und vermiedene Barriere kommt allen Menschen zugute, zum Beispiel eine kontrastreiche Darstellung auf dem Smartphone oder Einhebelspülarmaturen.
Fazit und Ziel: Vorurteile abbauen! Auch im Einstellungsprozess gilt es, Barrieren abzubauen, weiß Stephan Rhinow von DB Netz. Er ist taub und hat sich zweimal als technischer Zeichner beworben: „Beim ersten Mal hat man mich nicht genommen – aufgrund meines ‚Kommunikationsproblems‘. Die wurde ihm schwarz auf weiß geschrieben, erzählt er und erklärt offenherzig: „Das war extrem enttäuschend und hat mich sehr frustriert.“ Bei seiner zweiten Bewerbung hat er eine andere Erfahrung gemacht:
„Die Schwerbehindertenvertrauensperson hat mich bereits vor dem Gespräch kontaktiert und gefragt, wie sie mich unterstützen kann. Bevor ich angefangen habe zu arbeiten, haben wir darüber gesprochen, wie die Kommunikation am Arbeitsplatz abläuft, auch meine Kolleginnen und Kollegen wurden informiert.“ (Stephan Rhinow)
Dass Kommunikation keine Barriere sein muss, zeigt sich auch beim „Inklusionsfrühstück“: Zwei Gebärdensprachdolmetschende sorgen für ein flüssiges Gespräch zwischen nicht-hörenden und hörenden Kolleg:innen. Die Anwesenden sind sich einig: Das Frühstück war ein voller Erfolg und muss nicht nur zum Austausch mit Betroffenen sowie zum Abbau von Berührungsängsten fortgeführt werden.
„Es ist wichtig, ungezwungen ins Gespräch zu kommen. Formate wie das Frühstück heute sind dafür ein starker Hebel. Ich freue mich auf das nächste Inklusionsfrühstück.“ (Bertold Huber)
Einblick zum Thema Inklusion bei der Deutschen Bahn:
Bei der DB arbeiten 12.425 Menschen mit Schwerbehinderung und diesen gleichgestellten Personen (5,27 Prozent / Stand: 08/2023). Im Juli 2023 wurde das Inklusionszentrum mit dem „Impact of Diversity Award“ in der Kategorie „Inclusive Workspace“ ausgezeichnet. Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember im Rahmen der PurpleLightUp-Kampage gibt es wertvolle Impulse für alle Mitarbeitenden im Konzern. Die nächste Diversity Woche der Deutschen Bahn im kommenden Jahr findet vom 3.- 8. November 2024 statt.